Sonntag, 27. Oktober 2013

Rot - Cochenille

Mit der freundlichen Genehmigung von Anne darf ich hier ihren Artikel über Cochenille veöffentlichen - nochmal vielen lieben Dank dafür, denn sie hat das hervorragend zusammengefasst. Ich habe den Artikel etwas gekürzt, wer den kompletten Beitrag lesen möchte, kann das hier tun.


Dactylopius coccus


Familie:  Dactylopiidae; Überfamilie: Schildläuse (Coccoidea)




Beschreibung:
Die Körper der weiblichen Cochenillen sind 6-7mm lang, eiförmig bis rund, oben platt,
ungeflügelt und besitzen auf dem Rücken einen Schild.

Im Larvenstadium der Läuse kann man die weiblichen und die männlichen Tiere kaum unterscheiden, erst nach dem Verpuppen und Schlüpfen fällt dieses leicht.

Die Weibchen sind nach dem Schlüpfen sessil und ernähren sich ähnlich unserer Blattläuse vom Pflanzensaft der Wirtspflanzen (Kakteen). Die Männchen sind hingegen als kleine rote Fliegen mobil.
Die Lebenszeit der Tiere beträgt zwischen 2 und 3 Monaten, wobei die Männchen nach der Paarung sterben . Das Weibchen legt vor seinem tod mehrere Tausend blassrote Eier.
Die Cochenille ist eine der wenigen Läuse, die sich rein sexuell Vermehren.

Es wird zwischen wilden bzw. Waldcochenillen ('Grana silvestra') und "zahmen"/"feinen" Mesteck-Cochenillen ('Grana fina') unterschieden.

Die Waldcochenille ( D. coccus COCKERELL, D ceylonicus GREEN, D. tomentosus LAMARCK)
ist nur etwa halb so groß wie díe Mesteck-Cochenille D. coccus COSTA und hat einen geringeren Farbstoffgehalt, vermehrt sich jedoch rascher und kann somit bis zu sechs mal im Jahr geerntet werden.
Vorkommen und Standort:
Ursprünlich in zentralamerika (Mexiko) heimisch, wird die Cochenillenlaus nun neben Zentralamerika auch in Indonesien, Ostindien, Nordafrika und Europa (Kanarische Inseln) gezüchtet.

Verwendung: 
Die Cochenillen werden zum Färben von Textilien, Lebensmitteln und in der Kosmetik benutzt. Karminrot ist eine der ältestens E- Nummer bei den Lebensmittelfarbstoffen mit E 120.
Nachdem es aber auf echtes Karmin allergische Reaktionen gab, würde unter anderem bei Campari und in der Kosmetik auf synthetisches Karmin zurückgegriffen.

Verwendete Teile:
Als Cochenille kommen nur die getrockneten Körper der weiblichen Schildlaus in den Handel, da nur diese den Farbstoff produziert.
Inhaltsstoffe:
Je nach Art gibt es folgende Inhaltstsoffe:

Kermessäure :C16H10O8



Flavokermessäure/ Laccainsäure: C16H10O7



Die Kermessäure und die Flavokermessäure sind die Ausgangsstoffe für den Farbstoff  Kermes oder Kermesrot, der in Europa heimischen und vor der Einfuhr der Cochenille verwendeten Kermeslaus.
Karminsäure: C22H20O13



Karminsäure ist der Grunstoff für den Karminfarbstoff und dient den Tieren als Schutz vor Fraßfeinden.

Bei den Cochenillen gibt es verschiedene Arten, die für die Farbstoffgewinnung
gehalten werden, jedoch kommen nur in der Art D. coccus COSTA alle drei Moleküle vor.
(siehe "Handbuch der Narurfarbstoffe" von H. SchweppeS. 277 Tab.52)

Geschichte und Anmerkungen:
Im präkolumbianischen Amerika wurden die Cochenillen schon als Farbstofflieferant genutzt und dienten unter anderem auch als Tributzahlungsmittel bei den Azteken.

Nach der Eroberung Mexikos 1522 durch den Spanier Hernán Cortés (natütlich nicht allein) wurden die Cochenillen eines der drei größten Farbstoffexportgüter der Spanier und waren nach Gold und Silber am wertvollsten.

In Europa wurde zu dieser Zeit vor allem mit der Kermeslaus ( Kermes vermilio) und
der Polnischen Cochenille ( Porphyrophora polonia) das beliete Scharlach gefärbt.
Jedoch verdrängte die (Amerikanische) Cochenille bald diese in Europa heimischen Arten,
durch ihren höheren Farbstoffgehalt .
Hinzu kam, dass das Färbeverfahren der Cochenille durch die Entwicklung der Zinnbeize (giftig!)
im 17 Jahrhundert verbessert wurde - man färbte mit der neuen Beize nun auch mit Cochenillen Scharlachrot und brauchte dazu nicht mehr die Kermeslaus.
Zuvor ergab eine Alaunbeize auf Wolle "nur" ein Rot.

Bei einer Farbstoffanalyse spätmittelalterlicher, roter Textilien aus der Zeit von 1450 bis 1600 
wurden neben Kermes, Polnischer Cochenille auch die Cochenille D. coccus nachgewiesen. Interessant ist, dass hauptsächlich Seide mit den Farbstoffinsekten gefärbt worde,
das Rot auf Wolle war zu 80% von Krapp.

Die Rottöne der Farbstoffinekten sind sehr gut licht- und waschecht, weswegen diese Farben sehr begehrt waren und bis heute gut erhalten sind.
Alte Textilobjekte, die mit Cochenillen und co. gefärbt wurden sond z.B.
der Pazyryk-Teppich und der sizilianische Krönungsmantel der Staufenkaiser.

Auf Grund des hohen Werts dieses Farbstoffes wurden in der Geschichte auf verschiedenste Weise versucht mit den Cochenillen zu betrügen.
So bekam man schlechte Qualitäten, die optisch durch Kalk nach der besten Qualität aussahen,
oder die Cochenillenkrümel wurden mit schwarzem Sand gestreckt. Auch bekam man manchmal schon einmal aufgekochte Cochenillen, die dann nicht ansatzweise so viel Farbe lieferten.
Man sieht, da waren viele erfinderisch.
Heute ist dies nicht mehr so schlimm, aber ich würde um sicherzugehen und damit der Farbstoff frischer ist, nur ganze getrocknete Läuse kaufen.

Je nach Tötungsart der Läuse ergab sich ein anderes Aussehen der in den Handel kommenden Cochenillen, die unter folgenden veralteten Namen geführt wurden.

'Regenerida' : glänzend, silberweiß. Tötung durch Sonnenglut. Galt als beste Qualität.
'Jaspeada'     : gefleckt, aschegrau. Tötung durch Wasserdampf.
'Cochenille nigra':  dunkle bis schwarze Färbung. Tötung durch heiße Platten.
'Zaccatille' : siehe 'Cochenille nigra'.
'Cochenillenstaub' und 'Granilla' : mindere Qualität; Schalen und Bruchstücke nach dem Trocknen und Sieben.

Durch die Erfindung und Einfuhr von Azofarbstoffen (hier Cochenillerot A, C.I. Acid Red 18)
wurde die Cochenillenzucht unrentabel. Als dann Allergien aufs echte Karmin auftraten, wurde sogut wie überall aufs synthetische Karmin umgestellt.

Bezugsquellen: 
  • verschiedenste Internetshops
  • Apotheken (achtung sehr teuer ~ 70€ pro 100g)
  • Direktkauf auf den Kanaren z.B. hier

Literaturquellen:

"Handbuch der Naturfarbstoffe - Vorkommen . Verwendung . Nachweis" von H. Schweppe, 1993
"Naturfarben auf Wolle und Seide - Färben ohne giftige Zusätze" von Dorothea Fischer, 2006
"Wir färben mit Pflanzen" von Kurt Hentschel, 1949
"Pflanzenfarben auf Wolle" von Kurt Hentschel, 1936

Internetquellen: 
Wikipedia


Rot - Kermes und andere Läuse

Purpur - die Farbe der Könige

Donnerstag, 17. Oktober 2013

Rot - Kermes und andere Läuse 1. Teil

Kermeseiche - © Hans Hillewaert / CC-BY-SA-3.0
Neben Alizarin wurden in vor- und frühgeschichtlichen Textilien auch Kermessäure gefunden. Sie kommt natürlich in den Kermesläusen vor(Kermes vermilio), die auf Stein(Kermes)eichen (Quercus coccifera) rund um das Mittelmeer und im Orient leben.
Kermeslaus
Bekannt sind unter anderem die Färbungen aus dem Hochdorfer Fürstengrab (Banck-Burgess, Hochdorf IV, Stuttgart 1999, u.a. S.85 ff) wie auch des Krönungsmantels der deutschen Kaiser, er wurde im 12. Jahrhundert hergestellt.
http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Weltliche_Schatzkammer_Wienc.jpg
Die Kermeslaus findet schon in der Bibel Erwähnung und hat im sprachgebrauch vieler vorderasiatischer Völker ähnlich klingende Namen.


Exkurs
Blickt man zum Begriff Kermes ins Internet, ist bald die Verwirrung groß. Im Gegensatz zu anderen finde ich Wikipedia sehr gut und benutze es häufig um einen ersten Einblick zu bekommen. Allerdings lese ich auch immer mit einem kritischen Auge und versuche stets, die Informationen dort nicht einfach unhinterfragt zu übernehmen. Beim Artikel zum Kermes ist das zum Beispiel auch wichtig. Kermes vermilio PLANCHON lebt ausschließlich auf der Kermeseiche und nicht auf der Scharlacheiche, die polnische und armenische Variante leben überhaupt nicht auf Eichen, sondern überwiegend auf dem Ausdauernden Knäuel (Scleranthus perennis)




Rot - Krapp und Co.

Rot - Cochenille









Donnerstag, 3. Oktober 2013

Samnitische Tunika

Der Stoff für die Tunika wurde inzwischen fertiggestellt und schon weiterverarbeitet vom Besitzer zu einer Tunika.
Am vergangenen Wochenende war ein Treffen der Hetairoi, Darstellung der Menschen und ihrer Verhältnisse in der Zeit zwischen 500 und 300 v. Chr. im klassischen Griechenland, den hellenistischen Staaten und den angrenzenden Kulturen.




Dort wurde die Tunika auch probegetragen und für gut befunden.
Auf dem ersten Bild ist der Unterschied zwischen den Bindungsarten bei Chlamys und Tunikastoff deutlich. Während ich bei der Chlamys versucht habe, das Rot duch den 2-1-Köper dominieren zu lassen, habe ich bei der Tunika eine andere Bindung, nämlich Leinwand mit Kettrips für den weißen Streifen verwendet.  Wie man sieht, deckt die Ripsbindung den roten Schuss stark ab, die Köperbindung lässt die weiße Kette dagegen immer noch durchscheinen.
Beide Bilder zeigen Marco Grün, Fotograf Willi Miesen